Patientenkarriere

oder der leidvolle Weg eines Schlafgestörten

Angesichts der langen Störungsdauer verwundert es nicht, dass viele Patienten eine wahre Irrfahrt von Arzt zu Arzt, Therapeut zu Therapeut mit jeweils wechselnden Medikamenten und anderen Therapieversuchen erleben. Das folgende Beispiel schildert eine solche typische "Patientenkarriere":

Frau B., 52 Jahre, Hausfrau

1986: Beginn der Schlafstörungen nach einer Unterleibsoperation. Es kommt - wahrscheinlich aufgrund hormoneller Umstellungsprozesse - zu massiven Einschlafstörungen.

1986-1987: Obwohl Frau B. die Folgen der Operation gut überstanden hat und laut ihrem Arzt körperlich wieder gesund ist, treten weiterhin Schlafstörungen auf. Zusätzlich zu den Einschlafstörungen, fällt es ihr auch immer schwer, nachts durchzuschlafen. Sie versucht sich durch Einnahme verschiedener pflanzlicher Mittel (Baldrian, Hopfen usw.) zu helfen.

1987-1988: Da die Schlafstörungen weiter andauern, wird Frau von ihrem Arzt ein Schlafmittel verschrieben. Sie nimmt es zunächst gelegentlich und stellt fest, dass sie damit endlich wieder gut schlafen kann. In den Nächten ohne Schlaftablette liegt sie aber wieder stundenlang wach. Allmählich wird aus der gelegentlichen Schlafmitteleinnahme eine tagtägliche.

1988-1989: Trotz der regelmäßigen Schlafmitteleinnahme beginnt sich der Schlaf erneut zu verschlechtern. Mehrfache Versuche von Frau B., das Schlafmittel abrupt abzusetzen, scheitern. Sie hat das Gefühl, ohne Tablette überhaupt nicht mehr schlafen zu können. Gleichzeitig nimmt ihre Belastbarkeit im Alltag immer mehr ab. Es kommt zu depressiven Verstimmungen.

1990: Nach einer Periode besonders schlechten Schlafes erleidet Frau B. einen "Nervenzusammenbruch" und wird stationär in die Psychiatrie eingewiesen. Nach dem zweiwöchigen Krankenhausaufenthalt fühlt sie sich etwas besser. Ihr wird ein "Antidepressivum" verschrieben.

1991-1992: Erneut wird ihr Schlaf phasenweise wieder schlechter. Frau B. zieht sich zunehmend aus ihrem Freundes- und Bekanntenkreis zurück. Auch ihren Freizeitaktivitäten (Tanzen, Sport) geht sie immer seltener nach. Sie fühlt sich immer dünnhäutiger, ängstlicher.

1993: Auf Anraten ihres Arztes geht Frau B. für mehrere Wochen in eine psychosomatische Klinik. Dort erlernt sie ein Entspannungstraining. Ihr Schlaf wird durch den Kuraufenthalt jedoch nicht besser.

1994: Frau B. wird ambulant durch einen Psychiater behandelt. Sie bekommt die Diagnose "Endogene Depression", es werden andere, neue Antidepressive verordnet.

1996: Frau B. wird erstmals in einem Schlaflabor untersucht. Dort stellt man fest, dass es keine organischen Ursachen für die Schlafstörung gibt. Erneut wird ihr ein anderes Medikament verschrieben. Ihre Durchschlafstörungen halten unvermindert an.

 

Folgende typische "Stationen" und Merkmale tauchen in Patientenkarrieren immer wieder auf:

Beginn der Schlafstörung:

Zu Beginn einer Schlafstörung findet man häufig (aber nicht immer) eine oder mehrere auslösende Ursachen. Neben körperlichen und/oder psychischen Erkrankungen sind dies u.a.:

Typisch für viele Störungsverläufe ist, dass diese auslösenden Ursachen nach einiger Zeit keine Rolle mehr spielen bzw. nicht mehr vorhanden sind, die Schlafstörung aber trotzdem anhält.

Eigene Therapieversuche:

Arztbesuche, Klinikaufenthalte, Psychiater, Psychologen:

Einer der Gründe, dass es zu solchen "Patientenkarrieren" kommt, liegt also darin, dass die Schlafmedizin in Deutschland nach wie vor unterentwickelt ist. Dies hat zur Folge: