Stimulus-Kontrolle

oder: "Das Bett ist nur zum Schlafen da...."

Die sog. Stimulus-Kontroll-Technik ("Reiz-Kontroll-Technik") beschäftigt sich mit dem Verhalten im Bett. Bestimmte Verhaltensweisen im Bett (wie Fernsehen, Lesen, Essen, aber auch: Grübeln, sich ärgern, wach liegen und sich Sorgen machen) führen auf Dauer dazu, dass das Bett zu einem Ort (Reiz) wird, der mehr und mehr mit diesen zumeist "aktivierenden" Tätigkeiten als mit "Schlafen" verbunden ist. Es sind diese sich im Laufe von Monaten und Jahren allmählich einstellenden unmerklichen Assoziationen, die mit dazu beitragen, dass auch ihr Körper schon mit einer entsprechenden Anspannung und Erregung reagiert, wenn Sie z.B. tagsüber an die kommende Nacht denken oder sich am Abend zu Bett begeben.

Die Folge: Bei Patienten mit chronischen Schlafstörungen reicht oft schon der Anblick des Bettes aus, um den Blutdruck steigen zu lassen. Bei gesunden Schläfern löst hingegen der Anblick des Bettes bereits einen schlaffördernden leichten Abfall des Blutdruckes aus. Entsprechend schildern viele Patienten, dass sie abends "todmüde" zu Bett gehen, in dem Moment aber, wenn sie das Licht löschen, plötzlich "hellwach" sind. Für nicht wenige ist das Bett tatsächlich ein "Ort des Schreckens" geworden.

Der "Lernprozess", wie er bei einem gesunden Schläfer und einem Schlafgestörten jede Nacht aufs Neue abläuft.

Damit das Bett wieder zu einem Ort wird, der nur mit Schlafen verbunden ist, schreibt die Stimulus-Kontrolle folgende Regeln vor:

Regeln der Stimulus-Kontrolle

  1. Gehen Sie erst dann zu Bett, wenn Sie ausreichend müde sind und das Gefühl haben, einschlafen zu können.
  2. Nutzen Sie Ihr Bett zu nichts anderem als zum Schlafen. Schauen Sie dort nicht fern, lesen Sie nicht*, essen Sie nicht, telefonieren Sie nicht, grübeln Sie nicht, streiten Sie sich nicht mit Ihrem Partner/in. Ausnahme: Sexuelle Aktivitäten (aber nur, wenn diese von Ihnen "positiv" erlebt werden).
  3. Wenn Sie ins Bett gehen, machen Sie bitte direkt das Licht aus. Wenn sie innerhalb von 10 Minuten nicht einschlafen können (sie sollen hierfür nicht etwa auf die Uhr sehen, sondern sich nach ihrem subjektivem Zeitgefühl richten), stehen Sie wieder auf und gehen Sie in einen anderen Raum. Suchen Sie sich dort eine ruhige Aktivität aus und gehen erst dann wieder zu Bett, wenn Sie sich ausreichend schläfrig fühlen.
  4. Wenn Sie innerhalb einer bestimmten Zeit dann immer noch nicht einschlafen können, stehen Sie wieder auf. Wiederholen Sie dies so oft wie nötig innerhalb einer Nacht. Tun Sie dies auch dann, wenn Sie plötzlich mitten in der Nacht aufwachen und nicht innerhalb von zehn Minuten wieder einschlafen können. Stehen Sie aber trotzdem jeden Morgen zur gleichen Zeit endgültig auf.

*) "Lesen" wird von vielen Patienten als "entspannend" erlebt. Insofern ist "Lesen" nicht generell eine "schlafstörende" Aktivität. Sie sollen aber laut den "Erfindern" der Stimulus-Kontroll-Technik auch konsequent auf Lesen im Bett verzichten, da das Gehirn beim Lesen hochaktiv ist. Wir sind da anderer Meinung: Für viele Betroffene ist Lesen eine gute Möglichkeit, den Alltag ausklingen zu lassen und zu entspannen, oder nachts, wenn man wach liegt, sich von unangenehmen Grübeleien abzulenken. Von daher "dürfen" unsere Patienten lesen (allerdings zählt die Lesezeit mit zu der Bettliegezeit, was z.B. im Rahmen der Schlafrestriktion/Schlafkompression wichtig ist). Es sollten natürlich nicht gerade stundenlange Romanorgien oder überaus spannende Kriminalromane sein.

Vorteil:

Konsequent jede Nacht über mehrere Wochen angewendet zählt die Stimulus-Kontroll-Technik neben der "Schlafrestriktion" zu den wirksamsten Verfahren bei der Behandlung von Ein- und Durchschlafstörungen (Von einer Kombination aus Schlafrestriktion und Stimulus-Kontrolle ist abzuraten, da beide Verfahren zu einem erheblichen Schlafdruck führen). Insbesondere Patienten, die das nächtliche Wachliegen und Grübeln als quälend empfinden, erleben durch diese Technik eine Entlastung.

Nachteile/Nebenwirkungen:

Die Einhaltung der Regeln verlangt vom Patienten besondere Disziplin und Konsequenz. Ohne eine therapeutische Begleitung und Kontrolle brechen viele Patienten die Therapie vorzeitig ab.

Zu Beginn der Therapie verkürzt sich die Schlafdauer nicht unerheblich. Die Tagessymptomatik (Müdigkeit, Schläfrigkeit, Konzentrationsprobleme, gereizt-depressive Verstimmungen) kann erheblich zunehmen. Das Reaktionsvermögen kann im Einzelfall so stark beeinträchtigt sein, dass z.B. von längeren Autofahrten abzuraten ist.

Leidet der Patient unter anderen körperlichen oder psychischen/psychiatrischen Erkrankungen ist wg. der erheblichen Nebenwirkungen vorher in jedem Fall das Einverständnis des behandelnden Arztes einzuholen.

Ein weiterer möglicher Nachteil dieser Methode ist es, dass wiederholte nächtliche Aktivitäten den natürlichen biologischen Rhythmus durcheinander bringen.